Montag, 28. Januar 2013

Herrschaft


Es geht hier nicht um die Frage, ob Herrschaft gut oder schlecht wäre. Es gibt sie. 
Sie war und ist. Und wir schauen auf eine Jahrtausende alte Herrschaftstradition zurück. 

Feste Ordnungen haben uns bis hierher geführt, wo wir heute stehen. 
Mit all den Vorteilen, die wir genießen, aber auch den Problemen, die es noch gibt. Herrschaft hat Entwicklung gefördert wie unterdrückt. Sie hat große Kulturkreise geschaffen und wertvolle kulturelle Werke ermöglicht. Gleichzeitig ist sie aber auch für unzählige Kriege und Verbrechen an Menschen verantwortlich.

Doch allein auf Gewalt war Herrschaft nie gestützt. 
Entscheidend war, dass sie das Denken der Menschen durchdrang. Auf diese Weise hat sie die Sprache vereinheitlicht und verbindliche Welterklärungsmodelle definiert. Sie hat Menschen innerhalb ihres Machtbereichs zusammengeführt und nach außen hin abgetrennt. Sie hat das kulturelle, religiöse, nationale wie auch individuelle Bewusstseinsinhalte mit geformt. Herrschaft hat uns, ob wir es wollen oder nicht, geistig geprägt.

Feste Regeln und Ordnungen scheinen den meisten Menschen immer noch unerlässlich  zu sein. Kaum jemand kann sich eine Welt ohne Herrschaft vorstellen. 
Selbst diejenigen, die sich gegen Herrschaftsstrukturen wehren, wollen in der Regel nur ihrerseits auch wieder herrschen.
Dennoch geht die Bedeutung von Herrschaft seit zwei, drei Jahrhunderten zurück. Moderne Wirtschaftsformen funktionieren ohne kreative Freiräume nicht. Die Sehnsucht der Menschen nach gesellschaftlichen Freiheiten gewinnt an Gewicht.

Inzwischen sind die Spielräume außen oft sogar größer als in den Köpfen. Viel zu viele Menschen schauen zu gerne zurück. 
Verklärung der kulturellen Vergangenheit, Angst vor der Zukunft, Misstrauen in die menschliche Natur, Autoritätsgläubigkeit und die Identifikation mit den eigenen Welterklärungsmodellen sind Relikte alten Herrschaftsdenkens. Mit „das ist so“, „das muss so sein“ oder „das darf nicht sein“ wird man den zunehmenden eigenen Entscheidungsmöglichkeiten nicht mehr gerecht.

Die Basis selbst bewussten eigenverantwortlichen Denkens wären kritische Distanz zu allen alten Glaubenssätzen, Überzeugungen und Texten, die Fähigkeit, sich selbst zu spüren, Vertrauen in die eigene Intuition, bejahender Kontakt zu den tiefen Sehnsüchten, geistige Weite in Form uneingeschränkter Offenheit gegenüber aktuellen Informationen, der Mut zu Neuem, eine positive Haltung zu Entwicklung und Fortschritt, Liebe zur Kreativität und vor allem Zuversicht. Aspekte, denen mancher Impuls der zeitgenössischen Kunst entspricht.