Sonntag, 27. Juni 2010

Flagge zeigen

Es war mir eine Freude zuzuschauen. Die deutsche Fußballnationalmannschaft hat bei der WM gegen England wieder toll gespielt und selbst mich, der ich mich nicht als ausgesprochenen Fußballfan betrachte, begeistert. Sie traten frischer, virtuoser und vor allem engagierter auf als die anderen. Löw hat ein tolles Team geformt.
Deutschland kommt gut rüber.

Mehr noch berührt mich aber bei weltweiten Übertragungen globaler Großereignisse, dass Milliarden Menschen auf der ganzen Erde zur selben Zeit dieselben Bilder sehen, gemeinsam fokussiert sind und somit deutlicher als sonst miteinander verbunden, selbst wenn es nur in Bezug auf Fußball ist.

Warum dabei nicht Flagge zeigen? Gibt es einen Grund, sich zu verweigern?
Ich habe keine Probleme mehr, Deutscher zu sein. Schon bei der letzten WM 2006 habe ich die Deutsche Fahne geschwenkt. Da war es Übung, sozusagen probeweise für einen kurzen Moment. Es hat nicht weh getan.

Grundsätzlich mag ich Fahnen mit ihrem lustigen Geflatter und wollte diesmal eine an mein Auto heften.

Dann hat es doch geknirscht: schwarz, rot, gold - das sind nicht meine Farben!
Nicht politisch gemeint. Es geht tatsächlich allein um diese Farben. Ich würde mich sonst nicht mit schwarz und rot umgeben. Mit gold inzwischen eher, doch die gesamte Kombination der drei ist mir zu bunt und laut mit viel zu harten Kontrasten.

Warum sollte ich mein Auto damit "schmücken"? "Flagge zeigen" im Sinne von Zugehörigkeit oder gar Unterordnung? Nationales Bekenntnis abgeben durch Anpassung an kollektive Uniformität?

Warum trägt nicht jeder seine eigene, ganz persönliche Fahne?
Selbst wenn mir die allermeisten dann gewiss genau so wenig gefielen, wäre damit ein Bekenntnis zu Vielfalt und Spielraum da. Ich würde nicht auffallen, schon gar nicht provozieren mit einer eigenen.

Ich bin für kreative Individualität statt gleichförmiger Masse!
Globalisierung und Individualisierung sind die zukunftsweisenden komplementären Tendenzen!

Selbst wenn Deutschland inzwischen genauso gut und in vieler Hinsicht vielleicht sogar besser ist als andere Staaten, selbst wenn man in Europa heutzutage mit nationalen Bekenntnissen mehr Spiel als aggressive Abgrenzung betreibt, klebt an den tradierten Bedeutungswerten aller Nationen der Mief das Alten, der den weiteren europäischen Zusammenschluss erschwert.
Gemeinsamkeiten sind es, die uns in die Zukunft tragen.
Wir bräuchten ein gemeinsames Finanzsystem und mehr noch eine gemeinsame Sprache.
Am Ende nicht nur für Europa, sondern für die ganze Welt.

Freie Individuen, die sich unbegrenzt entfalten und sich im friedlichen Miteinander zur Menschheit insgesamt bekennen, deren formende Teile wir sowieso ja sind.

Wenn ich an eigene Fahne denke, kommt mir weiß in den Sinn, die Farbe, die ich (selbst wenn mancher sie als "keine Farbe" oder Un-Farbe ansieht) schon seit langem ganz besonders mag.

Weiß ist für mich Ausdruck für Licht, Klarheit und Zuversicht.
Weiß war schon früher, gegen die nationalen Farben eingetauscht, das Zeichen, nicht mehr kämpfen zu wollen.
Weiß ist ein Symbol für Frieden.

Weiß ist zudem die Farbe aller Farben.
Im weißen Licht sind alle Farben in unendlicher Vielfalt zu universeller Harmonie vereint.
Eine schönere Symbolik kann es gar nicht geben.

Ich werde ein weißes Fähnchen zum Flattern bringen.

Ein Weißton mit einer Tendenz zur Wärme hin.